Wenn über 200 Schülerinnen verschiedener Jahrgangsstufen sich abends in der Schule versammeln, muss schon etwas ganz Besonderes geboten sein. Ein kurzer „Besuch“ von John Lennon und Kaiser Leopold I. sollten dafür ausreichen. Doch Höhepunkte gab es am vergangenen Donnerstagabend noch viele mehr.
An den Gisela-Schulen fand bereits zum 22. Mal die inzwischen traditionelle Bibelnacht statt – erstmals unter der Gesamtorganisation von Religionslehrer Thomas Mader und bestehend aus mehreren Stationen, die von zahlreichen Schülerinnen und Lehrkräften lange und akribisch vorbereitet wurden.
Mit dem stimmungsvollen Lied „Help“ von den Beatles führten eine Gruppe von Schülerinnen der neunten Klasse unter der Anleitung ihrer Musiklehrerin Mihaela Paulus in der Aula in das Thema der Bibelnacht ein: „O Maria Hilf“. Anschließend zeigten die Schülerinnen der elften und zwölften Klassen, unter der Regie von Religionslehrer Markus Bahle, in einem kurzweiligen Theaterstück, verkleidet als John Lennon und Kaiser Leopold I., dass jeden Menschen Sorgen und Ängste in seinem Leben begleiten. Auf die Frage, wer denn in der jeweiligen Not geholfen habe, fallen die Antworten beider Personen unterschiedlich aus: „John Lennon“ konnte darauf nur mit „Nobody“ antworten. „Leopold I.“ sprach dagegen über seine Erfahrungen im Krieg. 1683 musste er vor den Osmanen aus Wien fliehen und kam nach Passau. Dort betete er regelmäßig in der Wallfahrtskirche um Marias Hilfe. Der Ruf „O Maria hilf“ war zunächst eine Bitte, die im Kampf zum Schlachtruf wurde. Und tatsächlich gelang am Ende der erhoffte Sieg. Den Schülerinnen gab er darum folgende Botschaft mit auf den Weg: „Öffnet euch und vertraut auf die Hilfe Mariens!“ Alle Teilnehmerinnen wurden dazu aufgefordert, ihre eigenen Sorgen auf einem Zettel zu notieren und mit nach oben zum Kloster Mariahilf zu nehmen.
Nach diesem abwechslungsreichen Beginn pilgerten sie über die Wallfahrtsstiege hinauf zur Kirche und vertrauten Maria im gemeinsamen Gebet ihre Sorgen an. Einige Schülerinnen der neunten Klasse sorgten mit Texten und Gebeten gemeinsam mit Religionslehrer Wolfgang Neumeier für eine andächtige Stimmung. Pfarrer Markus Kirchmeyer brachte den Schülerinnen in einem kurzen geschichtlichen Einblick die Hintergründe des Klosters Mariahilf näher, um Verständnis für die Bedeutung der Marienverehrung zu schaffen. In der darauffolgenden Andacht ging es um die Frage, wer die Gottesmutter Maria war. Mit Alltagsgegenständen wie einem Mantel oder einem Klettergurt veranschaulichten Schülerinnen die verschiedenen Eigenschaften und Darstellungen der Gottesmutter auf moderne Weise und erzählten auf mitunter humorvolle Art die Verkündigung der Geburt Jesu in Form eines kleinen Theaters nach, das sie gemeinsam mit Religionslehrer Erich Liebl vorbereitet hatten. Die Andacht wurde vom Mittel- und Oberstufenchor sowie der Stimmbildungsgruppe unter der Leitung von Eva Zettl musikalisch begleitet. Zusätzlich sorgten das Orgelspiel von Schulleiter Dr. Markus Eberhardt und Schülersprecherin Katharina Buchner mit einem gesanglich herausragenden Solo von Franz Schuberts „Ave Maria“ für eine besinnliche Atmosphäre. Nach einer kleinen Brotzeit im Klosterhof, organisiert von den Lehrkräften Sigrid Haas und Thomas Heidgen, wurde es an der Zeit, die Sorgen und Ängste loszuwerden: In einem kleinen Feuer verbrannten die Schülerinnen ihre Zettel, die sie anfangs damit beschriftet hatten. Die anschließende Lichterprozession führte sie zum letzten Höhepunkt der Bibelnacht. Angeführt von Lehrer Wolfgang Lang sorgten mehrere Lehrkräfte für einen sicheren Marsch durch die Passauer Gassen. Wieder zurück in Niedernburg wurden die Teilnehmerinnen von der Schulband auf den letzten Teil des Abends eingestimmt. Seine Sorgen mit jemandem teilen zu können, macht frei. Aufeinander achten und Sorgen loslassen können – Diese Botschaft brachten einige Schülerinnen der Einführungsklasse des Gymnasiums den Teilnehmenden auf eindrucksvolle Art und Weise näher. Mit Musik, Tanz und Meditation wurden sie dazu eingeladen, sich auch noch von den letzten Sorgen freizumachen. Die Klosterkirche wurde dafür in ein atemberaubendes, buntes Lichtermeer getaucht, das alle Teilnehmenden in ein fasziniertes Staunen versetzte. Der mit Preisen dekorierte Lichtkünstler Andreas Juergens, den die Lehrerinnen Carolin Brandl und Anika Maier zur Durchführung dieses beeindruckenden Schauspiels gewinnen konnten, schuf mit einer spektakulären Show eine einzigartige Atmosphäre im Kirchenraum und verlieh der meditativen Stimmung zusätzliche Tiefe. Dieses eindrucksvolle Erlebnis dürfte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern noch sehr lange in Erinnerung bleiben. Umso ausgelassener sangen am Ende alle zusammen das Lied „If you‘re happy“ („Wenn du glücklich bist…“), das der Chor „ChorAlle Singers“ unter der Leitung von Carina du Toit-Harttmann anstimmte. Danach kamen alle Teilnehmenden in den Speisesaal, um gemeinsam die traditionelle „Bibelsuppe“ zu essen. Die (wahrscheinlich viel zu kurze) Nacht dürfte den Schülerinnen aufgrund der verschiedenen Eindrücke lange in Erinnerung bleiben – besonders durch den Einsatz der vielen Schülerinnen im Schulchor, in der Schulband, als „Schauspielerinnen“, Tänzerinnen und Leserinnen. Zusätzlich unterstützte der Förderverein die Bibelnacht finanziell und ermöglichte so überhaupt erst die spektakuläre Lichtershow von Andreas Juergens in der Klosterkirche. Das Fazit von Organisator Thomas Mader nach dem Ende der Bibelnacht könnte daher nicht treffender ausfallen: „Maria hat wirklich geholfen.“
Wolfgang Neumeier